Was am gestrigen Tage für eine gloriose Begebenheit bey uns vorgefallen, ein solches wird Er. Hochwohlgeb. eine relation, so heute an Madame Leining gesandt worden, und die dero- selben wird communiciret werden, mit mehreren berichten. Ich füge also weiter nichts hinzu, als dass ich Eu. Hochwohlgeb. das Wohlbefinden Ihro Maj. und des Printzen Heinrichs, so bey der Schlacht zugegen gewesen, vermelde, und dass wir den Feind in Prag so eingeschlossen halten, dass nicht eine Klaue durch kom- men kann. Der Feldmarschall Keith und der Printz von Preußen halten den weißen Berg mit 25 Bataillons bedeckt, und wir sind jenseit der Moldau in einer großen Distance um den Zisca-Berg. Den General Braune haben Sr. König. Maj. zum Ergeben auffordern lassen. Er hat aber mit vielen Bescheidenheit ge- antwortet, dass er dazu keine Ordre von seiner Hofe hätte. Die Ordre mag aber ausfallen wie er will, so ist er allem menschlichen An- sehen noch mit seinen 100000 Mann gefangen.
Die Kienbergsche affaire ist vor 3 Tagen schon expediret, aber nicht ab- gegangen, weil wir uns über Hals und Kopf auf den Marsch be- geben mussten. Alle unsre Bagage und folglich auch Scripturen ist auf den weißen Berg zurückgeblieben. Sobald uns diesel- ben wieder zu Gesichte kommen, werde alles ohne Anstand ab- schicken. Ich habe die Ehre, mit der größten Hochachtung zu seyn,
Gentze to Fredersdorf, Letter 5, take 2
Date: 2024-10-18 08:24 pm (UTC)Gnädiger Herr Geheimer-Cämmerer!
Was am gestrigen Tage für eine gloriose Begebenheit bey
uns vorgefallen, ein solches wird Er. Hochwohlgeb. eine relation,
so heute an Madame Leining gesandt worden, und die dero-
selben wird communiciret werden, mit mehreren berichten. Ich
füge also weiter nichts hinzu, als dass ich Eu. Hochwohlgeb. das
Wohlbefinden Ihro Maj. und des Printzen Heinrichs, so bey
der Schlacht zugegen gewesen, vermelde, und dass wir den Feind
in Prag so eingeschlossen halten, dass nicht eine Klaue durch kom-
men kann. Der Feldmarschall Keith und der Printz von Preußen
halten den weißen Berg mit 25 Bataillons bedeckt, und wir
sind jenseit der Moldau in einer großen Distance um
den Zisca-Berg. Den General Braune haben Sr. König. Maj. zum
Ergeben auffordern lassen. Er hat aber mit vielen Bescheidenheit ge-
antwortet, dass er dazu keine Ordre von seiner Hofe hätte. Die Ordre
mag aber ausfallen wie er will, so ist er allem menschlichen An-
sehen noch mit seinen 100000 Mann gefangen.
Die Kienbergsche affaire ist vor 3 Tagen schon expediret, aber nicht ab-
gegangen, weil wir uns über Hals und Kopf auf den Marsch be-
geben mussten. Alle unsre Bagage und folglich auch Scripturen
ist auf den weißen Berg zurückgeblieben. Sobald uns diesel-
ben wieder zu Gesichte kommen, werde alles ohne Anstand ab-
schicken. Ich habe die Ehre, mit der größten Hochachtung zu seyn,
Eu. Hochwohlgeb,
gantz gehorsamster treuer Diener
Gentze
Haupt-Quartier
Ober Micheln
den 7. Maj. 1757.